Die wunderbare Welt der Bordeaux-Weine

Das Weinanbaugebiet Bordeaux, das Bordelais, ist die Weinregion Frankreichs, die am weitesten im Westen liegt. Geprägt wird sie nicht nur von der Stadt Bordeaux, sondern vor allem von drei Flüssen: die Dordogne und die Garonne, die, von Süden kommend, oberhalb von Bordeaux zusammenfließen und sich so zur Gironde vereinen, die dann unweit der Nordspitze des Bordelais in den Atlantik fließt.

Etwa 120.000 Hektar, auf denen jedes Jahr Trauben für gut 5,7 Millionen Liter Wein wachsen und von rund 3000 Weingütern, den Château, bewirtschaftet werden: das Bordelais ist weltweit das größte zusammenhängende Gebiet, in dem Qualitätswein angebaut wird. Hinter den beeindruckenden, aber doch nüchternen Zahlen verbirgt sich ein ungeheurer Reichtum an Rebsorten, Geschmacksnuancen und Bouquets – und nicht zuletzt eine wunderschöne, uralte und immer wieder neu erlebte Landschaft, geprägt von Flusstälern, sanften Hügeln und einer Bevölkerung, die zu Recht stolz ist, in einer der berühmtesten Weinregionen der Welt zu leben.

Ein Anbaugebiet – viele große Namen

Bordeaux ist der Oberbegriff für ein hochdifferenziertes Flechtwerk aus mehreren Appellationen, also Anbaugebieten mit ihren jeweiligen Charakteristika, und Klassifikationen der einzelnen Weine. Insgesamt besitzt das Bordelais mehr als 50 Appellationen, die jeweils das Qualitätssiegel AOC (Appellation d’Origine Contrôlée) für die kontrollierte Herkunft tragen. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass die Klasse und das Prestige der Weine umso größer sind, je kleiner die Appellation ist, auf denen sie wachsen.

Über allem stehen die Anbaugebiete Bordeaux und Bordeaux Supérieur im Départment Gironde – weit mehr als die Hälfte der besten Bordeaux-Weine kommt von hier. Teilbereiche des Gesamtgebietes nennt man subregionale Appellationen. Als bekannteste und wichtigste von ihnen möchten wir uns folgende Gebiete hier näher ansehen:

  • die westlichen Appellationen Médoc (wohl mit Abstand die bekannteste Region) und Graves/Sauternes, die beide auch zur Bezeichnung „linkes Ufer“ zusammengefasst werden
  • der östlich von Gironde bzw. Dordogne gelegene Libournais (= „rechtes Ufer“)
  • das Entre-Deux-Mers, das sich „zwischen zwei Meeren“, genauer zwischen den Flüssen Garonne und Dordogne bettet.

Links von Gironde- und Garonne wächst vor allem die Rebsorte Cabernet Sauvignon, die oft mit Merlot- und Petit Verdot-Trauben meisterhaft zu großen Cuvées verschnitten wird. Am „rechten Ufer“ regiert die Merlot-Traube, die wiederum häufig mit der Rebsorte Cabernet Franc gelungene Verbindungen eingeht. Das Entre-Deux-Mers sticht aus dem ansonsten vom Rotwein geprägten Bordelais heraus, denn von dort stammen vor allem die bekannten trockenen Weißweine, zumeist aus den Rebsorten Sauvignon Blanc, Sémillon und Muscadelle.

Die Elite der Bordeaux-Gewächse: Klassifikationen

Zur Orientierung ziehen Weinkenner nicht nur die Appellationen, sondern auch die Klassifikationen der Bordeaux-Weine heran. Aber Achtung: Diese Wein-Hierarchie ist, ebenso wie die Struktur der Appellationen, hochkomplex und will erst einmal durchdrungen werden! Der Einfachheit halber beschränken wir uns hier auf die wesentlichen Anhaltspunkte.

Die legendäre Rotwein-Klassifikation aus dem Jahr 1855 besteht aus fünf Grand Cru Classé-Stufen, in die die Gewächse von insgesamt 61 Weingütern aufgenommen wurden. Die Weine werden also als „große klassifizierte Gewächse“, kurz einfach „Crus“, bezeichnet. Die niedrigste Stufe ist die fünfte, also die Cinquièmes Grands Crus Classé, die höchste ist die der Premiers Grands Crus Classés. Manchmal stehen auf den Etiketten auch abgekürzte Klassifikationen, zum Beispiel heißt dann ein absoluter Spitzenwein einfach „1er“. Zur Königsklasse der „1er“ zählen nur fünf Châteaux mit den Namen, die jedem Weinliebhaber süß in den Ohren klingen: Château Lafite-Rothschild, Château Latour, Château Margaux, Château Mouton-Rothschild (alle vier im Médoc beheimatet) sowie Château Haut-Brion, das einzige Haus aus dem Graves.

Die legendäre Rotwein-Klassifikation

Bemerkenswert ist, dass die Rotwein-Klassifikation von 1855, die von Napoleon III. eingeführt wurde, bis heute Gültigkeit hat. Das altehrwürdige System beschränkt sich auf die westlichen Gebiete des Bordelais und hier vor allem auf den Médoc – aus dem einfachen Grund, dass hier die damals schon am höchsten geschätzten Gewächse zuhause sind. Eine Ausnahme bildet nur das Château Haut-Brion südlich von Bordeaux in der Region Graves.

Festgelegt wurde die fünfstufige Klassifikation von den angesehensten Weinhändlern anlässlich der Weltausstellung in Paris 1855. Basis war vor allem das Prestige der beteiligten Châteaux, aber auch die Preise, für die die Weine damals verkauft wurden. Innerhalb der Klassifikation sind alle großen Namen der Bordeaux-Welt versammelt. Und sie alle blicken auf eine lange Tradition zurück, denn sämtliche Weingüter, die damals ihr Gütesiegel „verpasst“ bekamen, tragen dieses bis heute. Nur ein einziges Château schaffte es einmal, von etwas weiter unten in die Königsklasse aufzusteigen, nämlich das berühmte Château Mouton Rothschild, das 1973 den Ritterschlag erhielt und vom Deuxiéme Grand Cru Classé zum Premier Grand Cru Classé aufstieg. Daran hatte Baron Philippe von Rothschild mehr als 50 Jahre hart gearbeitet!

Weitere Klassifikationen

Zusätzlich zur elitären Rotwein-Klassifikation sind für benachbarte Bordelais-Appellationen weitere Klassifikationssysteme in den Nachbarregionen entstanden. So hat man 1855 noch eine Süßwein-Klassifikation für die weltberühmten Sauternes- und Barsac-Gewächse geschaffen, die lediglich drei Kategorien und 27 Weingüter umfasst. Der unbestrittene Superstar dieser Klassen darf als einziger das Prädikat „Premier Cru Classé Supérieur“ tragen, nämlich das legendäre Weingut Château d’Yquem. Die Süßweine aus dem Hause Yquem gelten unter Kennern als eine Art paradiesisches Elixier und werden selbstverständlich nur zu Höchstpreisen verkauft.

Auch für Sorten des „rechten Ufers“ gibt es eine solche Rangfolge. Das Rotwein-Anbaugebiet Saint-Émilion, im Libournais gelegen, ist erst seit 1955 klassifiziert. Dabei stützte man sich weniger auf Tradition und elitäres Denken, vielmehr achtet man vor allem auf die Qualität der Weine. Deshalb ist diese Klassifikation auch nicht quasi „in Stein gemeißelt“, sondern wird alle zehn Jahre überarbeitet. Aktuell wird die Hierarchie angeführt von vier Weingütern, die ihre Weine mit „Premier Grand Cru Classé A“ kennzeichnen dürfen: die Châteaux Ausone, Cheval Blanc, Angélus und Pavie.

Ebenfalls im Libournais liegt die kleinste Rotwein-Appellation des Bordelais, das Pomerol. Das Gebiet ist zu klein für eine umfassende Klassifizierung (es misst gerade mal 800 Hektar!), doch stammen von hier einige der anerkannt hochklassigsten Weine des gesamten Bordeaux, fast alle reine Merlots. Wirklich weltberühmt ist das hier ansässige Château Petrus.

Zur grundlegenden Orientierung sind die Klassifikationen natürlich bestens geeignet. Wir empfehlen allerdings nicht, sich bei der Weinauswahl allzu „sklavisch“ nach ihnen zu richten – bekanntlich sind auch Weine der „5er“-Klasse oder anderer „unterer Stufen“ hervorragend und können gefühlt manchen 3er oder sogar 2er noch übertreffen!

Die Weine aus den bedeutendsten Appellationen und ihr Charakter

Médoc

Beginnen wir mit der Subregion Médoc, in der viele der großartigsten Bordeaux-Gewächse heranreifen. Kein Wunder, bei dem Boden! Auf dem Kalksteingrund des Médoc haben sich seit der Eiszeit teils meterdicke Sand- und Kiesschichten aus den Flüssen abgelagert. In diesen können sich die Reben tief einwurzeln, gleichzeitig wird das Wasser optimal abgezogen. Hervorragende Voraussetzungen also für wunderbare Grands Crus aus Cabernet Sauvignon und Merlot!

Im südlichen Teil des Médoc, dem Haut-Médoc, werden die vorherrschenden Cabernet Sauvignon-Rotweine bevorzugt mit Merlot-, Petit Verdot- und teilweise Malbec-Trauben zu eleganten, komplexen Cuvées komponiert. Ihr Beerenaroma wird nicht selten durch eine Spur Menthol noch interessanter.

Das Margaux, mit knapp 1.500 Hektar größter Teil des Médoc und Heimat des berühmten Château Margaux, bringt würzig-florale, beerige Weine hervor.

Beim Namen „Pauillac“ leuchten die Augen besonders vieler Bordeaux-Liebhaber, da hier gleich drei der fünf Premier Grand Cru Classé-Weingüter ansässig sind, nämlich die Châteaux Lafite, Latour und Mouton-Rothschild. Die Weine sind typischerweise satt und körperreich, mit beerig-holzigen Aromen.

Zwischen Margaux und Pauillac liegt die Appellation Saint-Julien. Hier gilt das Motto „Klasse statt Masse“ – die produzierten Mengen kommen bei Weitem nicht an die der anderen wichtigen Médoc-Regionen heran. Doch immerhin finden sich hier die meisten Châteaux, die in der Rotwein-Klassifikation von 1855 in der Kategorie „Grand Cru Classé“ liegen.

Ganz im Norden des Médoc punktet die interessante Appellation Saint-Estèphe mit ihren typischen kräftigen, säurebetonten Rotweinen. Hier lassen sich auch für den kleineren Geldbeutel sehr gute „Cru Bourgeois“-Gewächse finden.

Graves/Sauternes

Die Subregion Graves, südlicher Teil des „linken Ufers“, wird geprägt durch die Appellationen Pessac-Léognan und Sauternes-Barsac. Pessac-Léognan wurde erst 1987 als Rot- und Weißweinanbaugebiet gegründet, hier haben sich die besten Graves-Macher zusammengetan. Aus dem wohl bekanntesten Haus dieser Region, dem Château Haut-Brion, kommen charakterstarke Rot- und Weißweine zugleich.

Die reine Süßwein-Region Sauternes & Barsac ist weltberühmt, weil hier das bereits erwähnte „Super-Weingut“ Château d’Yquem, aber auch das kaum weniger exzellente Château Rieussec zuhause sind. Süßweine wie diese, die derart komplexe Aromen haben und dank einer ausgewogenen Säure niemals zu süß sind, werden wahrlich nur von echten Großmeistern geschaffen.

Libournais

Der Libournais verdankt seinen Ruhm vor allen den Teilgebieten Saint-Émilion und dem Pomerol, der kleinsten Appellation des gesamten Bordelais, die zugleich einige der höchstklassigen Bordeaux-Weine hervorbringt. Die Weine des Saint-Émilion sind meist opulente Cuvées aus Merlot und Cabernet Franc. Aus dem Pomerol kommen vielfach sehr reiche, fruchtige Merlots. Hier sieht man gut, dass große Qualität sich auch ganz ohne „offizielle“ Klassifikationen durchsetzen kann – immerhin sind unter den weltweit teuersten Weinen einige aus dem Pomerol, z.B. der Pétrus-, der Le Pin- oder der Lafleur-Bordeaux.

Entre-Deux-Mers

Der Region zwischen Garonne und Dordogne verdanken wir außergewöhnliche weiße Bordeaux-Weine, die uns schon manchen lauen Sommerabend vergoldet haben. Meist entstehen hier trockene Cuvées aus den Rebsorten Sauvignon blanc, Sémillon und Muscadelle, und wer diese Trauben kennt, schmeckt die feine, frische Zitrusnote förmlich schon auf der Zunge.

Schon beim Lesen wird klar: Eine „Gaumenreise“ durch die Weinregion Bordeaux lohnt sich in jedem Fall. Bordeaux-Kenner, aber auch Neulinge erwarten immer wieder neue, spannende und verblüffende Geschmackserlebnisse, wenn sie sich durch diese exzellente Weinvielfalt kosten. Wir freuen uns darauf, diese Erlebnisse mit unseren Kunden zu teilen!